CSR 1 - Der erste Tag auf Canning Stock
Das fängt ja gut an. Fünf Kilometer vor Bililuna fährt der Troopie irgendwie schwammig - der linke Hinterreifen ist hin. Bis ich den Jack, den Wagenheber, von seinem Platz geholt habe, reicht die Höhe schon nicht mehr ganz. Werner und Georg sind so weit vor uns, dass sie uns über Radio, also Sprechfunk, nicht mehr hören können. Ich wechsle den Reifen, das ist kein echtes Problem. Nur, was machen wir jetzt? In Bililuna gibt es nur gebrauchte Reifen, das wäre kein Problem, aber er kann sie mangels geeigneter Gerätschaften nicht montieren, no chance. Also fahren wir mit nur noch einem spare davon. Georg und Werner haben zwei, also stehen uns noch drei Ersatzreifen zur Verfügung.
Eigentlich beginnt erst hier in Bililuna die Canning Stock Route, vorher ist es die Tanami. Schlagartig wird die Qualität der Straße, oder besser des Tracks, schlechter: der Track wird immer schmaler und hat mittlere Corrugation. So fahren wir immer weiter nach Südwesten. Kurz vor Well 51 hat eine Station - oder vielleicht eine Mine? - eine Absperrung errichtet und führt die CSR etwa 12 km nach Westen, 5 km nach Süden, 12 km nach Osten, und dann südlich der Absperrung wieder auf den alten Weg zurück. 24 km Umweg, normalerweise kein Problem, aber heute entwickelt es sich dazu, denn wir erreichen unser geplantes Tagesziel Well 49, die „schönste Übernachtungsmöglichkeit auf der CSR“ erst nach Sonnenuntergang. Das letzte Stück des Weges hatte etwas von Kamikaze, denn der Weg war wegen der tiefstehenden Sonne, die uns in die Augen scheint, nahezu nicht zu sehen.
Über all dem und darüber, dass ich jetzt schnell ein Essen auf den Tisch bringen will, verpasse ich den ersten Tag des neuen Mondes, der als ganz schmale Sichel neben dem blutroten Abendhimmel steht.
Nachher entzündet Brigitte unser erstes Campfeuer seit drei Jahren, Georg und ich steuern ein wenig Brennmaterial bei. Morgen muss das besser werden, wir haben auch fest vor, beim Rest der Reise unser Nachtlager früher aufzuschlagen.
Viele Benutzer der CSR scheint es gerade nicht zu geben, nur ein Auto kam uns heute entgegen und alle Camps, die wir sahen, sind leer.
Unsere heutige Position ist 20-9-50 / 126-40-52, Höhe 291m.
CSR 2 - Eine kurze Etappe
Die Morgentemperatur liegt wieder im hohen einstelligen Bereich. Aber ist die Sonne erst mal etwa eine Handbreit über dem Horizont, nimmt die Lufttemperaturen rapide zu. Kurz nach acht brechen wir, nach einem kurzen Kartenstudium mit Absprache über das geplante Tagesziel, auf. Wir halten wieder die gleiche Reihenfolge ein wie gestern, das heißt, dass Brigitte und ich hinterherfahren.
Da wir recht gemütlich unterwegs sind, stauben wir nicht ein, weder wir, noch die Umwelt. Ein Photostop da, ein Päuschen dort, dann wieder ein Halt für eine Absprache - dennoch kommen wir wenn auch langsam voran.
Die ersten Dünen sind problemlos, dann werden sie anspruchsvoller. Bei einer brauchen beide Autos drei Anläufe, bei einer anderen bleibe ich oben in der Mitte hängen, weil ich zu früh vom Gas gegangen bin. Dummerweise sind in den Auffahrten immer irgendwelche Bogeys versteckt, da darf man sich nicht irritieren lassen und muss einfach „durchziehen“, egal, wie es hinten im Auto rumpelt und scheppert. Letztendlich ist nichts kaputt gegangen. Außerdem weiß zumindest der Vorausfahrende nicht, wie die Streckenführung nach dem Dünenkamm ist, ob eine Kurve folgt, eine Abfahrt oder beides. Manche Auffahrten sind auch gekurvt, da ist es schwer, genügend Tempo aufzunehmen. Und wir lernen noch.
Käpt’n Doc Ru ist zeitweilig etwas pikiert ob der vielen Stöße und sieht mich vorwurfsvoll an, aber er bleibt immerhin auf dem Armaturenbrett sitzen - im Gegensatz zu gestern, als er mir in den Schoß sprang.
Immer wieder kommen wir an Stellen vorbei, da liegt viel Brennholz. Rechtzeitig vor dem Camp melden wir uns per Sprechfunk bei Georg und Werner ab, ich halte an und verstaue genügend Holz für ein mittleres Campfeuer heute Abend auf unserem Dach. Brigitte trägt das dazu bei, indem sie mir dabei hilft, das Holz zu sammeln und zum Auto zu tragen und mir dann die kleineren Teile nach oben reicht.
Um kurz nach eins erreichen wir gemeinsam den Campground bei Well 46 und richten uns dort ein. Hier gibt es brauchbares Wasser und eine Toilette.
Das waren heute nur 102 km, für die wir 5 Stunden gebraucht haben. In dem Tempo schaffen wir es morgen nur schwer zu Well 41, die ebenfalls genießbares Wasser zu bieten hat, denn das sind 180 km.
Dank unseres Holzes haben wir heute ein richtiges Campfire, das auch eine Weile anhält. Wir zünden es bereits vor dem Abendessen an und beseitigen damit fast all unseren Müll, nur die zertretenen Bierdosen bleiben uns.
Unsere heutige Position ist 20-38-29 / 126-17-15, die Höhe 270m.
CSR 3 - Länger als gewollt
Schon 10 vor 8 sind wir abfahrtbereit und starten. Es war nicht kälter als gestern, dennoch hatte ich beim Frühstück die Jogginghose und den Pullover an. Ich bin schon seit 1/4 vor 4 wach und war eigentlich ausgeschlafen. Nur die Augen wollten noch nicht so recht, abgesehen davon, dass es da noch ganz dunkel ist. Als der Himmel sich hell färbte im Osten bin ich dann doch aus dem Zelt gekrochen. Und als ich wenig später mit ein wenig zusätzlichem Feuerholz zurück kam, waren Brigitte und Georg bereits aufgestanden.
Es wird ein Tag mit vielen Dünenüberquerungen, und es macht viel Spaß. Was nicht so viel Spaß macht ist, dass unser Gepäck bei den vielen Bogs in den Auffahrten zu den Dünen, die wir mit etwa 40 km/h nehmen müssen, um nicht stecken zu bleiben, ziemlich hüpft und deshalb nicht an seinem Platz bleibt.
Unterwegs überholen wir die Gruppe, die wir bereits gestern am Funk gehört haben, ein Toyota mit Trailer und ein Troopie. Mit Hänger wollte ich das alles nicht machen, vor allem das Zurücksetzen, wenn es nicht geklappt hat, ist mit Trailer ein Kunststück. Das Überholen führt zu einem längeren Gespräch und ersetzt die Mittagspause. Denn danach wollen wir natürlich erst eine gewisse Distanz zwischen die Überholten und uns bringen. Irgendwann übernehme ich die Führung, weil Werner nicht über eine Düne kommt und sich dabei richtig eingräbt. So kommt zum ersten Mal meine Winsch zum Einsatz, ich unterstütze ihn beim Rückwärtsfahren. Und dann bin ich halt vorne.
An manch einer der unzähligen folgenden Dünen brauche ich zwei Anläufe, weil ich beim ersten Mal zu wenig Schwung habe, aus welchen Gründen auch immer. Meist allerdings, weil ich nicht richtig aufgepasst habe oder mich ablenken ließ.
Als wir an dem für die Übernachtung vorgesehenen Camp vorbeikommen, erkennen wir es nicht als solches und fahren vorbei - aber Umkehren ist bei den gegebenen Umständen keine Option, so fahren wir weiter zu Well 41, das war sowieso unsere erste Option für heute. allerdings haben wir wieder 8 Stunden gebraucht, also viel mehr als geplant.
Knapp 5 km vor Well 41 steht nahe genug am rechten Rand ein abgestorbener Gumtree, aus dessen Wurzelwerk ein neuer Busch treibt. Die alten Stämmchen lassen sich leicht umlegen und kommen mit Unterstützung von Georg und Werner auf mein Dach. Das Campfeuer ist gerettet.
Unterwegs haben wir den Victorian mit den drei Fahrrädern und dem kleinen Hund überholt (er hat kein Radio, also Sprechfunkgerät). Er kommt später auch zu Well 41.
Das Wasser aus dem Brunnen ist nicht so, dass ich es einfach so trinken würde (obwohl es wahrscheinlich ohne negative Folgen bliebe), aber zum Waschen ist es sehr gut geeignet. es ist unglaublich weich, wir brauchen fast keine Seife.
Unsere heutige Position ist 21-33-13 / 125-50-53 / 290, wir sind heute 186 km gefahren, bei ziemlich hohem Dieselverbrauch (~16l). Der Sand verlangt seinen Tribut. Aber auch für den längeren Abschnitt von Kunuwariji bis Wiluna sollte es reichen.
CSR 4 - Weiter nach Süden
Gegen Morgen wurde es wieder empfindlich kalt, die Temperatur lag wieder im hohen einstelligen Bereich. Wir sind ja quasi alleine auf dem Platz, deshalb ist es auch total still. Nicht mal die Galas, die gestern Abend in der Dämmerung eingeflogen sind, sind still und heimlich verschwunden. Einige Handvoll trockene Blätter Lassen das Feuer wieder aufleben und das trägt zum Wohlbefinden bei. Zu meiner Überraschung gibt es hier sogar ausreichend Feuerholz, zumindest jetzt für das Frühstücksfeuer.
Punkt 8 fahren wir los, immer Großrichtung SSW. Heute, so scheint es, habe ich einen gebrauchten Tag erwischt, zumindest mein Selbstwertgefühl leidet. Bei einigen der ersten Dünen brauche ich zwei Anläufe, bei einer sogar vier - erfolglose. Schlimmer noch: Bei jedem Versuch bleibe ich etwas früher hängen, das gab‘s noch nie. Letztlich fährt Werner unseren Puh so weit rauf, dass wir die Winsch einsetzen können als Verbindung zum anderen Troopie.
Irgendwann ist dieses Gefühl der Niederlage zumindest etwas reduziert und ich kann die folgenden Dünen wieder normal bewältigen.
Immer wieder eine Pause, zum Fotografieren, zum Essen, um die Gräber von Michael Tobin und seinem Gegner zu besichtigen. Tobin war einer aus der Gruppe um Canning, die die Stockroute angelegt haben. Eines Tages, in der Nähe von Well 40, nahm er eine Aboriginalfrau gefangen und missbrauchte sie. Deren Mann fand das nicht komisch und griff Tobin mit dem Speer an, wurde aber erschossen. Tobin starb einen Tag später, am 6. 4. 1907, an seinen Verletzungen. In Cannings Erinnerungen ist der Anfang der Geschichte weggelassen, der Aboriginal griff grundlos einen friedlichen Weißen an.
Brigitte hält die verschiedenen Namen für die Wüsten ja für Unsinn, aber heute stimmt es tatsächlich: Mit Erreichen der Gibson Desert ändert sich das Bild. Viel weniger Bäume, viel weniger Bodendecker, dafür verstärkt Spinifex und Bluebushes. Das Rot des Sandes wird intensiver, die Corrugation weicht tiefen Löchern und Wellen, Gift für unser Gepäck und eventuell auch für den Unterbau, da habe ich noch nicht so genau nachgesehen. Der Sand ist weicher, die Haftung, der Grip wird schlechter. Aber mit den Dünen haben wir dennoch kaum Probleme, sie sind kürzer und niedriger.
Kurz vor halb drei sind wir bei der Ruine von Well 37, fahren aber vorbei bis zum zweiten Camp danach. Dort richten wir uns für die Nacht ein. Brennholz gibt es genug, im Prinzip auch Fleisch, denn bei unserem Eintreffen zog ein Kamel von dannen. Ich habe beim Einparken allerdings nicht auf die Windrichtung geachtet, denn die letzten Tage hatte der Wind sich gelegt, bis ich mit dem Kochen angefangen habe. Das ist auch heute so. Zum ersten Mal auf der CSR haben wir kein Dunny.
Position: 22-8-56 / 125-26-56, Höhe 310 m.
CSR 5 - Auf nach Kunawariji
Beim Aufstehen weiß ich es noch nicht, aber es wird wieder nicht ganz mein Tag. Morgens fängt es eigentlich ganz gut an. 20 vor 6 bequeme ich mich aus dem Schlafsack und richte Holz für das Morgenfeuer. Der von unseren Vorgängern angelegte Vorrat ist noch nicht zu Ende. Im Westen ist ein Kamel unterwegs.
Schon kurz vor 8 sind wir unterwegs. Beim ersten Halt, den Resten eines Motorrades, schlägt Brigitte vor, die Actioncam zu montieren. Das hatte ich ohnehin vor, hab‘ es dann aber vergessen. Durch meine Aktion ist Werner veranlasst, seine auch zu montieren. Leider ist bei mir die Batterie nicht richtig geladen und so dauert die Aufnahme nicht lange, dann ist die Cam bereits wieder aus.
Georg und Werner lassen mich vorbei, um eigene Aufnahmen zu machen, und das wird ein Boomerang: An einer Stelle fahre ich an einer Wegteilung gerade aus - es hätte aber die rechte Seite sein müssen. Und so kommen wir auf eine Strecke Richtung Gary Junction. Komisch ist schon, dass plötzlich Spinifex in der Mitte des Tracks wächst, dass der Track immer schmaler und kurviger wird, aber nachdenklich werden wir erst, als sich der Track völlig verliert und wir sozusagen im Nichts stehen. Letztendlich ein Umweg von 26 Kilometern, mehr als einer Stunde. Schwieriger für mein Befinden ist allerdings die schnelle Abnahme des Dieselstands im Main, unnormal schnell. Ist da was am Motor kaputt? Bis Kunawariji verbrauche ich fast 30l, das ist unglaublich viel. Den anderen geht es aber nicht besser, also liegt es wohl doch an dem vielen Sand, durch den wir uns heute kämpfen mussten.
Die letzten 30 km sind keine Dünen mehr zu überqueren, das haben wir jetzt weitgehend hinter uns, die Strecke nach Süden ist eher von Corrugation geprägt.
In Kunawariji müssen wir warten, es ist gerade Mittagspause. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder irgendwo für $400 tanken werde - und dabei noch einen Nachlass von $2,59 bekomme! 118,41l passen in die beiden Tanks, das ergibt einen Verbrauch von mehr als 16l/100 km!
Aber, und das ist die gute Nachricht: Wir bekommen einen neuen Reifen und es gibt jemanden, der ihn montieren kann. Er macht es zwar in Handarbeit, weil die Maschine nicht richtig funktioniert - jedenfalls nicht so, wie er sich das denkt - aber das ist mir letzten Endes egal, wir sind wieder sechsfach bereift. Die $350 sind nicht gerade ein Schnäppchen, aber weniger als der Reifen in Drysdale, für den ich 2013 $555 bezahlen musste.Und weil wir zusammen fast $900 für Diesel auf den Tisch des Hauses gelegt haben, dürfen wir umsonst duschen und eine Maschine Wäsche waschen. Brigitte und ich fahren vor - oder besser zurück - zu Well 33, und bereiten das Abendessen vor, Georg und Werner kümmern sich um die Wäsche und kommen nach.
Wir erleben noch einen Ansturm von Fliegen, gefühlt hunderte fallen über uns her und machen sich im Troopie breit. Pünktlich 30 Minuten nach Sonnenuntergang sind die Fliegen weg - und Georg und Werner kommen an. Wäsche aufhängen, Zelt ausklappen, Abend essen. Sogar für das Holzsammeln war vorhin noch Zeit gewesen und so können wir nach Essen, Spülen und Aufräumen noch einige Zeit dem Gespräch am Feuer frönen.
Die heutige Position ist 22-20-29 / 124-46-33, Höhe 300 m.
CSR 6 - In der Gibson Desert
Wieder schaffen wir es, vor 8 aufzubrechen - und sind doch die letzten, die den Platz verlassen. Diesmal waren wir ausnahmsweise nicht allein, der Victorianer mit Hund stand schon da, als Brigitte und ich aus Kunawariji ankamen, später kam noch ein Einzelreisender mit großem Trailer. Aber wir waren die einzigen, die ein Feuer unterhalten haben.
Mal sehen, was mit konsequent niedrigen Drehzahlen zu erreichen ist. Ich versuche, trotz widriger Bedingungen den Dieselverbrauch so niedrig wie möglich zu halten. Anfangs ist das einfach, denn es gibt „nur“ mittlere Corrugation, da können wir mit etwa 45 km/h im 5. Gang fahren. Später wird es schwieriger, weil das Gelände schwieriger wird. Aber es sieht noch immer ganz gut aus.
Den ganzen Tag fahren wir durch die Gibson Desert, sie ändert auch immer mal wieder ihr Outfit. Vorfällen die Dichte derVegetation an manchen Stellen überrascht. Und dann kommen wir wieder durch Landstriche, in denen fast nicht aus dem roten Boden kommt außer toten Mulgas. Hier wurde offensichtlich in diesem Jahr oder direkt vor oder während der letzten gerodet. An anderen Stellen liegt dieses kontrollierte Abbrennen bereits länger zurück, da wachsen aus den Mulgastümpfen bereits die neuen Büsche heran und auch dazwischen sind erste Spinifexbüschel zu sehen. An anderen Stellen finden sich ausgeprägte Spinifex-Kreise, fast so schön wie in der Victoria Desert in Südaustralien.
Und dann blüht die Wüste. Weiße, gelbe und blaue Blüten überdecken die kniehohen Büsche, die aus dem tiefroten Boden sprießen. Dazwischen stehen Grasbüschel, Spinifex und Mitchelgras im Wechsel, und grüne Mulgas streben in die Höhe. Besonders der Blick nach Osten ist traumhaft schön. Schade, dass das auf Fotos kaum wiederzugeben ist.
Wieder fahren wir über unser selbstgerechtes Zeitlimit hinaus, denn Georg und Werner haben einen bestimmten Platz zum Übernachten ausgesucht, weil es dort das beste Wasser auf der CSR geben soll, die Well 26 liegt aber 220 km von Well 33 entfernt. Ziemlich genau um 16 Uhr treffen wir ein.
Beim Aufbauen stellt sich heraus, dass bei Werners Dachzelt an dem einen Scharnier, an dem vor ein paar Tagen eine Schraube lose war, eine Schweißnaht gerissen ist und das Zelt deshalb nur schwer aufzubauen ist. Mal sehen, was das für unsere weitere Reise über Wiluna hinaus bedeutet. Ich sehe mir das bei uns an und stelle fest, dass da keine Schweißnaht ist, das Zelt war vorher schon „pragmatisch“ repariert worden.
Dieser Platz ist ein häufig besuchter - dennoch sind wir auch hier alleine, deshalb gibt es fast kein Brennholz. Das, was ich finde, reicht nur für etwa eine Stunde nach dem Spülen.
Brigitte hat in Kunawariji gestern gefragt, wieviele Reisende zur Zeit zur Tankstelle kommen. Es sind etwa 8 Einzelfahrer und zwei Gruppen - in zwei Wochen. Bisher sind uns vier Autos entgegengekommen, und wir haben drei in unsere Richtung fahrende Fahrzeuge überholt. Wir können also nicht bestätigen, dass die CSR völlig überlaufen ist x jetzt zumindest ist dem nicht so. Und wir können zumindest aus dem Augenschein heraus nicht bestätigen, dass die Südrichtung schwerer ist als die Nordrichtung. Die Dünen sprechen eine eindeutige Sprache: Beide Richtungen haben schwierige Stellen.
Unser Lager steht auf 22-54-59 / 123-30-20 in 300 m Meereshöhe.
CSR 7 - Erholung zwischendurch
Die Nacht war ziemlich laut. Gegen 23 Uhr wandelt sich der Wind, der am Nachmittag anfing, in Sturm und zerrt an den Zelten. Georg schaufelt die Feuerstelle zu, weil er Angst bekommt, dass der Sturm Funken steigen lässt. Dabei war das Feuer fast schon aus, als ich ins Bett gegangen bin. Heute morgen stelle ich dann fest, dass der Sturm bei uns den Regenschuz am Eingang reingedrückt hat, daher das laute Schlagen einer Zeltwand und des Regenschutzes. Dafür war es heute Nacht deutlich wärmer als die letzten Tage.
Zum Frühstück versuche ich mich an der Herstellung von Bannocks. Georg hat die Idee zum Essen beigesteuert, das Mehl gekauft und vor ein paar Tagen einen ersten Versuch gestartet. Schon damals habe ich den Teig für die zweite Portion geschlagen, so wusste ich, was zu machen ist. Gebacken wir das ganze in einer Pfanne in Rapsöl (Canola).
Ich hatte heute Nacht dunkle Gedanken, dass mein Sprit nicht reicht, dass doch was am Motor kaputt ist. Denn Werners Anzeige ist fast ein Zwölftel höher als meine. Aber erstens läuft der Achtzylinder rund, ohne raues Geräusch, ohne Aussetzer, das wäre nicht der Fall, wenn ein Ventil durchgebrannt wäre, zweitens spürt man bei etwa 900 Umdrehungen das Einsetzen des Turboladers, der ist also in Ordnung. Drittens ist die Abnahme der Anzeige bei beiden Autos fast gleich. Und würde ich irgendwo Diesel verlieren, müssten da Spuren sein, es gibt aber keine. Nicht am Morgen unter dem Auto, nicht am Motor, nicht am Auspuff. Vielleicht ist es nur fehlendes Gottvertrauen?
Georg und Werner fahren alleine zu Bill Shepperd‘s Fuel Dump, wir warten an der Abzweigung. Aber dort liegen nur verrostete Fässer. Wahrscheinlich ist der Service mangels Nachfrage eingestellt. Immerhin gibt es inzwischen in Kunawariji eine Tankstelle und außerdem in Parnngurr, von hier aus nur 80 km nach Westen.
Ab hier fährt Brigitte, denn auf dem nächsten Abschnitt bis zu unserem beabsichtigten Camp bei Georgina Boresind keine großen Hindernisse zu erwarten, außer Corrugation und tiefem Sand. Damit hat sie denn auch ziemlich zu kämpfen.
Bei Georgina Bore richten wir uns ein. Heute ist genug Zeit, deshalb kann ich in Ruhe für ausreichend Feuerholz sorgen. Fragt sich nur, ob der Sturm ein Feuer zulässt. Denn er bläst noch immer, allerdings nicht Mehrband so stark wie heute Nacht. Das Fahrradfähnchen, das wir in Ermangelung einer richtigen Sandflag erworben und am Troopie festgemacht haben, ist auf den letzten 30 Kilometern zwischen der Claypan und dem Camp verloren gegangen.Zum Glück hatte Werner vor ein paar Tagen das Oberteil einer richtigen Sandflag gefunden, das dient uns jetzt als Notbehelf.
Unsere Position ist 23-3-31 / 123-1-2, 380m.
CSR 8 - Lake Disappointment und Begegnungen
Heute werden wir offiziell schon wieder die Tropen verlassen, für mindestens drei Wochen. Das wird passieren, wenn wir am Lake Disappointment entlang fahren, eine Tafel weißt auf den Sachverhalt hin. Möglicherweise ist das der Grund, dass wir heute die ersten Wolken sehen, seit wir Queensland verlassen haben.
Jahrelang sind alle maßgeblichen Leute davon ausgegangen, dass es mitten in Western Australia einen großen Süßwassersee gibt. Viele machten sich auf die Suche, einer, ich glaube, es war Carnegie, es kann aber auch Hann gewesen sein oder ein anderer der Explorer, kam von Westen her im Wesentlichen dem Tropic folgend zu einer großen Wasserfläche und wähnte sich am Ziel. Um so größer war seine Enttäuschung, als er feststellte, dass es sich um einen Salzsee handelt. Deshalb gab er diesem See den noch heute üblichen Namen. Wie die Aboriginals ihn nannten? Kumpupirntily, wobei ich nicht sicher weiß, wie es auszusprechen ist. Ich sage es so, als sei es deutsche Lautschrift mit ein bisschen englischer Einfärbung und gerolltem „r“.
Etwa eine Stunde nach dem Start kommt uns ein Bushy entgegen. Zwei Österreicher, Olga und Helmut, kommen schnell mit uns ins Gespräch. Der Bushy ist von TCC, sie wissen auch, dass sie damit nicht über die CSR fahren dürfen, aber (famous last words!) „weil wir die Strecke bereits zum dritten Mal fahren, wissen wir, wie es ist und brauchen keinen zweiten Ersatzreifen.“ Ziemlich arrogant, finde ich. Und versichert sind sie auch nicht.
Kurz vor dem Erreichen des Lake Disappointment höre ich im Funk Jemanden, der fragt, ob ihn jemand hört. ich melde mich, bekomme aber, ähnlich wie gestern, keine Antwort. Aber als wir wenig später beim Lake View stehen,kommt aus Süden ein Motorrad, wenig später ein zweites. Der erste ist ein Aussie, der zweite ein Deutscher, der seit 10 Jahren in Fremantle lebt und sich mit dem anderen kurz entschlossen zur CSR aufgemacht hat, weil sie noch Zeit hatten.
Gegen 15.00 Uhr erreichen wir unser Tagesziel, bauen auf, ich besorge Brennholz, dann gibt es das Ankommensbier. Damit und mit der Buchführung für heute und der Planung für morgen beschäftigen wir uns, bis ich mit den Vorbereitungen für‘s Abendessen beginnen muss.
Die Position unseres Lagers ist 24-8-28 / 122-12-8 auf 354m Meereshöhe.
CSR 9 - Ein Abstecher nach Durba Springs
Durba Springs ist eine Quelle etwa 6 Kilometer neben der CSR. Angeblich darf man auch ohne Permit hinfahren. Durch die Quelle, die ganzjährig Wasser führt, hat sich hier eine Art Oase gebildet. Hohe River Red Gums vor roten Felsen bilden die Kulisse. Vögel finden eine Heimat, wahrscheinlich gibt es auch Echsen, Schlangen und Frösche. In den Handbüchern über die CSR steht, dass Durba Springs ein Muss ist und dass alle, die die CSR fahren, dort Station machen. Nun, wir sind heute Nacht 38 km nördlich gewesen, also fällt eine Übernachtung schon mal weg. Ob es dann den Umweg wert ist? Die anderen denken es, also fahren wir hin. Für die 5,8 km brauchen wir fast 30 Minuten, der Track ist schwierig. Einige Autos sind dort geparkt, das erste, was mir auffällt, ist eine Kettensäge. Da ist die Sache für mich fast schon gelaufen und ich kann meinen Ärger nicht bei mir behalten, blöd wie ich bin. Aber ich muss zugeben, der Platz ist abgesehen von den Campern sehr schön.
Etwa eine Stunde nach unserem Aufbruch begegnen wir einer Reisegruppe, ein Landcruiser als Begleitfahrzeug für vier Motorradfahrer, von denen zwei allerdings in Durba Springs geblieben sind. Komisch, das erinnert mich an Bruce & Wills. Dafür kommt dann noch ein weiterer Motorradfahrer, der aber nichts mit den beiden Vorausfahrenden zu tun hat. Die Zurückgebliebenen sehen wir in D. S. nicht, auch komisch. Auch am Nachmittag kommt uns eine Gruppe, bestehend aus vier Männern in zwei Fahrzeugen, entgegen. Zwei haben dicke Rauschebärte, vermutlich sind die Bärte älter als die Reise, aber das weiß ich nicht.
Wir bleiben heute Nacht bei Well 15. Auch hier gab es on eine unselige Auseinandersetzung zwischen einem Aboriginal und einem Weißen, die letztendlich sogar den High Court in London beschäftigt hat. Die Aboriginals, es waren nicht die Täter, wurden nach 12 Jahren wieder freigelassen, nachdem sie ursprünglich sogar zum Tode verurteilt worden waren.
Unsere heutige Position ist 24-8-28 / 122-12-8, die Höhe 430m.
CSR 10 - die letzte Düne
Well 9 ist unser heutiges Ziel - das ist realistisch. Und deshalb lassen wir uns auch reichlich Zeit mit allem. Es fängt damit an, dass ich verspätet aufstehe. Zum Frühstück gibt es Bannock, die letzten vor Wiluna, denn das Mehl ist jetzt alle.
Nach einigen Kilometern kommen wir an einen Lookout. Wir klettern zu dritt hoch - Brigitte bleibt bei den Fahrzeugen - und genießen die wunderbare Aussicht auf das unter uns liegende Land. Dass der eigentliche Lookout erst einen Hügel dahinter liegt, stört niemanden. Oben liegt ein totes Känguru - es ist bereits das zweite heute, den süßlichen Geruch bekomme ich stundenlang nicht aus der Nase.
An Well 10 machen wir Mittagspause, dann geht es weiter. Und weil Well 9 auf Stationland liegt - wir verlassen damit die „Desert Biosphere, bestehend aus Great Sandy Desert, Gibson Desert und Little Sandy Desert (jetzt zum Schluss) und erreichen mit der großen Station Glenvale die „Pastoral Biosphere“, die sich bis über Wiluna hinaus erstreckt - und Camping dort nicht erlaubt ist, fahren wir weiter. So kommen wir - zwar reichlich spät - zu Well 6. Hier gibt es Wasser und ein Dunny, manch einer legt Wert darauf. Die letzten Kilometer sind schwierig, weil die Sonne so tief steht, dass die Sonnenblende nicht mehr hilft. Beim Kochen ist es schon dunkel, für ein Campfeuer reicht es heute nicht.
Und auf dem letzten Abschnitt kommen wir an dem Vermerk nicht vorbei, dass diese erste Düne eine schmale Kuppe hat. Für uns ist es folgerichtig die letzte Düne auf dieser Tour. Was bleibt auf den letzten 200 km sind vermutlich weitere Auswaschungen, Bumps und Corrugation. Mal sehen. Wieviele Dünen waren es jetzt? Sicherlich weniger als die manchmal kolportierten 1.500, wahrscheinlich sogar weniger als die 700, von denen unser Roadbook berichtet. Aber es waren viele, auf jeden Fall erstmal genug.
Unsere Position ist 25-14-28 / 121-5-57, Höhe 580m.
CSR 11 - Alles hat ein Ende - irgendwann
Wehmut macht sich breit. Die letzte Düne, das letzte Abendessen, das letzte Campfeuer, ...
Noch ist es nicht soweit. Ich starte nach dem Aufstehen dann doch noch ein Feuer, nicht zuletzt, damit wir unseren Müll verbrennen können. Apfelschalen, Zwiebelschalen, (nicht mehr) feuchte Tücher, gebrauchte Taschentücher, leere Wasserflaschen - fast alles wird so zurückgelassen. Nur Bier- und sonstige Dosen bleiben zum Rücktransport in den Troopies.
An Well 5 - grünorange gestrichen, außergewöhnlich - treffen wir fünf junge Australier in drei Wagen. Sie treffen nach uns ein, vorher hatten wir per Sprechfunk Kontakt mit ihnen. Zwei der jungen Männer sind Polizisten, stationiert in Wiluna. Der übliche Smalltalk über das woher und wohin, über den sozialen Hintergrund, über die CSR. Schnell vergeht die Zeit.
Weiter geht es, immer weiter Richtung Südsüdwest. Manchmal geht es flüssig und glatt voran, oft haben wir Corrugation, und ab und zu, eher mehr als selten, haben wir Flussdurchfahrten und sonstige Auswaschungen. Die
Pausen fallen aus, weil Müsliriegel und Äpfel ausgegangen sind. Hier „unten“ scheint es viel Wasser zu geben, normalerweise. Jetzt aber nicht, alles ist trocken, sogar das Billabong Winditch Springs ist völlig ausgetrocknet, nichts ist zu sehen von Vögeln, Leguanen und Schildkröten, die sonst hier anzutreffen sind. Die Schildkröten können allerdings bis zu drei Jahre Trockenheit überleben, indem sie Wasser in der Blase einlagern und davon leben. Erstaunlich.
An Well 3 richten wir uns für heute ein. Das Wasser ist nicht mal als Waschwasser genießbar, es stinkt; der große Platz rund um das Dunny ist weitgehend schattenfrei; es gibt wegen der herumliegenden Cattledroppings jede Menge äußerst aufdringlicher Fliegen - dennoch ist es schön und der Nachmittag vergeht viel zu schnell.
Da ist es wieder, dieses Gefühl von Wehmut. Zum letzten Mal auf der CSR kümmere ich mich um Holz für das abendliche Campfeuer (das gehört zu den Aufgaben des Kochs auf den Wanderungen, Zügen, Reisen (wie soll man es nennen?) der Drover) und bereite das Abendessen vor, heute mit Unterstützung durch Werner, der die Möhren schnibbelt. Eine Süßkartoffel, Teigwaren, Reis und viele Dosen bleiben übrig. Wir waren eben schneller als geplant, und noch sind wir nicht am Ziel, rund 140 km liegen noch vor uns.
Ein 81%-Mond überstrahlt alle Sterne in seiner Umgebung, und wenn ich nicht direkt in das langsam verglimmende Feuer schaue, dann kann ich viele Details in der Umgebung erkennen. Dafür ist die Kraft der Augen noch gut genug. Auch das Kreuz des Südens steht noch knapp über dem Horizont.
Unsere heutige Position ist 25-46-32 / 120-24-54, die Höhe 570 m.
CSR 12 - Wiluna ist erreicht
Es wird nochmal ein hartes Stück Arbeit. Die erste Etappe sieht im Roadbook ganz einfach aus, gerade, keine Schwierigkeiten. Dass die Strecke allerdings völlig zerwühlt ist oder wir uns über steinige und felsige Passagen quälen, das ist nicht zu sehen. Eigentlich erstaunlich, dass wir dennoch eine 18er Schnitt hinbekommen. Die Fels- und Steinformation „The Granite“ bei Well 2 entschädigt allerdings für die Anfahrt.
Noch ein weiteres Stück Strecke durch Moon Plains, Gibber Plains und kleine Wäldchen mit aufgewühlten Kurven, dann stehen wir an einer glatten, kerzengeraden Strecke. 30 Kilometer vor Wiluna endet die Cannig Stock Route, ein großes Schild heißt die Fahrerinnen und Fahrer willkommen.
Unser erstes Ziel ist der General Store, denn dort tanken wir erstmal voll. Zwar haben wir letztlich doch keine Probleme bekommen, aber wissen wollen wir schon, wie es mit dem Verbrauch aussieht. Nun, Überraschung, wir haben nur 1e,6 l auf 100 km verbraucht, das ist angesichts der Trackverhältnisse sehr gut und nach der letzten Etappe vor Kunawariji nicht zu erwarten gewesen.
Unser nächsterWeg führt uns zum Campingplatz 15 km weiter im Osten und dort ziemlich direkt unter die Dusche. Herrlich!
Wäsche waschen, einkaufen (dazu müssen wir noch mal zurück nach Wiluna) und Abendessen, zubereitet in der gut ausgestatteten Campkitchen.
La vie est belle et c’est pas fini!
Nur schade, dass wir, da Wiluna eine „dry community“ ist, bis auf weiteres auf Wein verzichten müssen.
Unsere heutige Position ist 26-35-56 / 120-20-31, 570 m.
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