Im Juli 2018 fragte Werner bei einem Treffen mal wieder nach, ob wir nicht Lust hätten, die Canning Stock Route (CSR) zu fahren. Die CSR gilt "als letztes Abenteuer" und steht bei Werner schon lange auf der Wunschliste. Auch ich bin nicht abgeneigt, die Strecke in Angriff zu nehmen, aber alleine ist es mir zu gefährlich, auch wenn wir wohl nicht alleine unterwegs sein werden. Diesmal stimmten wir zu und so begannen die Planungen - für 2019. Werner klärte die Lage mit Angelika von TCC ab. Seit Bruno und Chris "den Laden" abgegeben haben, fungiert sie als Geschäftsführerin. Ja, wir dürfen die CSR mit Troopies von TCC befahren - ein Glück -, aber nicht mit Bushies. Nun denn, dann eben wieder im Dachzelt, dafür mit weniger Komfort. Das Bild des Fahrzeugs, das wir 2016 auf der zweiten Etappe verwendet haben, dient mir ja ohnehin noch immer als Profilbild in Facebook. Beim nächsten Treffen der Teilnehmer - Georg fährt bei Werner mit - legen wir die Rahmendaten fest, dann kann Werner die Autos bestellen, Ende August sind die Verträge abgeschlossen - bis auf die exakten Reisedaten, die sind ja abhängig von den noch zu buchenden Flügen.
Mitte Februar 19 buche ich bei Singapore Airlines die Flüge für Brigitte und mich von Frankfurt über Singapur nach Darwin (27/28. Juli 2019), von Perth nach Singapur (1. November) und weiter nach Frankfurt (5./6. November). Und wo ich schon dabei bin, buche ich auch gleich das Hotel in Darwin für die erste Nacht und in Singapur für den Abschluss. Jetzt fehlen noch unsere Einreisegenehmigungen, die wir im Internet beantragen können. Schwierig ist es, die richtige Seite zu finden, nämlich direkt bei der Immigration. Brigittes ESTA wird postwendend genehmigt, bei mir dauert es vier Tage. Die Wege der Bürokratie sind unergründlich, nicht nur in Deutschland.
Jetzt, da die Daten feststehen, muss der Vertrag mit TCC finalisiert werden. Dabei entscheide ich, dass wir ein "Altfahrzeug", das bedeutet Modelljahr 2011, nehmen, weil es das mit zwei Ersatzrädern am Heck gibt. Dafür verzichten wir auf den Einzelsitz für den Beifahrer. Außerdem hat der Mietwagen Sprechfunk, das ist angesichts der geplanten Tour sicher sinnvoll. Der Motor ist der bewährte Achtzylinder mit 4,5 l Hubraum.
Und so ist unser Plan: Wir starten am 29. Juli in Darwin nach der Übernahme des Fahrzeugs in Richtung Südosten. Denn im August stehen Besuche in Brisbane bei Karen und James und im Hinterland bei Allison an. Am 30. August treffen wir uns mit Georg und Werner in Kununurra, WA. Dort füllen wir unsere Vorräte auf, versorgen uns mit allem, was wir sonst noch so brauchen auf dem Wüstentrip und starten Anfang September in Richtung Halls Creek - nicht über die Gibb River Road, das wäre ein Umweg, sondern über den Great Northern Highway.
Von Halls Creek geht es zuerst auf der Tanami nach Südsüdosten nach Billiluna. Dort beginnt die eigentliche Herausforderung.
Die Canning Stock Route führt quer durch die Great und die Little Sandy Desert vorbei an der Community Kunawarritji - dort ist die einzige Versorgung mit Kraftstoff und Lebensmitteln - nach Wiluna nördlich der Goldfelder, ca. 800 km nordöstlich der Landeshauptstadt Perth. Sie ist ursprünglich als Track angelegt, der für den Viehtrieb von Rindern genutzt wurde. Heute gilt sie als die härteste und mit knapp 2.000 km Länge längste Strecke durch das Outback Australiens.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts suchten die Rinderzüchter in der Kimberley Region nach einem schnellen und direkten Weg, ihre Rinder in die Region um Kalgoorlie bringen zu können. Dort war Gold gefunden worden, Abnehmer für die Rinder gab es dort in großer Zahl, die Gewinnaussichten waren gut. Alfred Canning legte in den Jahren 1906 bis 1910 die Strecke durch die Wüste fest. Er orientierte sich dabei an den 52 Brunnen, welche an der Strecke errichtet wurden. Um diese Brunnen bauen zu können, hielt Canning einige Aborigines gefangen und zwang sie durch Folter ihm die Lage natürlicher Wasserlöcher bekannt zu geben. Erst ab 1930 wurde die Strecke regelmäßig ihrer eigentlichen Bestimmung entsprechend genutzt und große Rinderherden wurden durch die Wüste getrieben. Im südlichen Teil ist am nördlichen Rand der Little Sandy Desert der Lake Disappointment (der Name sagt eigentlich schon alles!), ein riesiger Salzsee, zu umfahren. Der See heißt Kumpupirntily in der Sprache der dort lebenden Martu.
Karte: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=653120
1968 wurde die Canning Stock Route zum ersten Mal in ihrer gesamten Länge von einem Geländewagen befahren. Dies legte den Grundstein für die heutige Attraktivität der Strecke bei Abenteurern und Offroad-Fans. Die Route führt wie gesagt durch zwei sandige Wüsten, es müssen rund 1.500 Dünen überquert werden. Die vorherrschende Windrichtung in diesem Landesteil ist Südwest, folgerichtig sind die Dünenreihen in nordöstlicher Richtung ausgebildet, also genau quer zur Richtung der CSR. Heutzutage gibt es in den Kimberley kaum noch Viehzucht, deshalb wird die CSR nicht mehr ihrer eigentlichen Bestimmung gemäß genutzt. Nicht nur die Dünen sind eine Herausforderung auf der CSR, es kann auch klitschig sein, denn es sind mehrere "clay pans" - das sind mehr oder weniger große Stellen auf der Strecke, die einen nur wenig wasserdurchlässigen Boden haben und in denen sich deshalb das Wasser, oder besser die Pampe, staut - zu durch- bzw. umfahren. Das ist nicht schlimm, wenn die schmierige Lehmschicht nur wenige Zentimeter dick ist, aber wenn es mehr wird, wühlen sich die Räder ein, bis es weder vor noch zurückgeht. Das kennen wir schon, das ist uns 2010 mal passiert. Da stand ich beim Versuch, den Landcruiser freizuschaufeln, bis zum Knöchel im Lehm und war über und über verschmiert. Da ist es dann gut, wenn man nicht alleine ist. Ich weiß nicht, was problematischer ist: Sanddünen mit extrem trockenem Sand oder nasse Lehmpfannen. Um den Problemen nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, haben wir den September als Reisezeit ausersehen. Da ist es einerseits noch nicht besonders heiß - es ist ja Frühjahr - und andererseits ist die Regenzeit (Dezember bis März) sicher schon lange genug vorbei, so dass die meisten Wege, auch rund um den Lake Disappointment, abgetrocknet sind.
Was müssen wir noch bedenken, was ist noch zu planen?
- Brauchen wir für die Strecke Permits und wenn ja, wo bekommen wir sie? Geht das von hier aus? Das findet sich sicherlich im Internet.
- Ca. 1000 km mit einer Tankfüllung, also 180 Litern, das klingt machbar. Aber angesichts der Dünen kann das knapp werden, erfahrungsgemäß kann der Verbrauch im Sand über 20l/100km betragen. Also brauchen wir zusätzliche Kanister, die auf dem Dach verstaut werden müssen. Neben den Kanistern brauchen wir also Befestigungsmaterial. Können wir das alles bei TCC leihen?
- Dünen bedürfen einer ganz eigenen Fahrtechnik. dann kommt man auch gut rauf und wieder runter - meist, vorallem, wenn es noch kühl ist am Morgen. Doch manchmal ist es nötig, etwas zum Unterlegen zu haben: Maxtrax. Bekommen wir wieder welche in Darwin mit dem Auto, oder müssen wir sie kaufen?
- Wieviel Wasser müssen wir bunkern? Die Fahrzeuge haben keinen eingebauten Wassertank, also brauchen wir Kanister, am besten solche mit 10 Liternl Fassungsvermögen. Für uns beide brauchen wir rund 150 l, vorausgesetzt, dass wir unterwegs Wasser zum Waschen bekommen, dass also nicht alle der Quellen ausgetrocknet oder aus sonstigen Gründen unbrauchbar sind.
Wie es nach Wiluna weitergeht, wissen wir noch nicht. Die Tendenz ist, wieder nach Norden zu fahren, am besten nach Broome, um dort die kalte Zeit "auszusitzen". Dazu könnten wir uns zuerst über den Gunbarrel Highway Richtung Osten bewegen, ab Warburton die Great Central Road ("longest shortcut") benutzen, um vorbei am Uluru nach Alice Springs zu kommen. Die Tanami wäre von dort die direkte Verbindung zur Kimberley Region. Spätestens in Broome, vielleicht aber schon in Wiluna, werden wir uns von Georg und Werner trennen, dann gehen beide Parteien wieder ihrer Wege. Früher oder später wollen - und müssen - wir allerdings auf jeden Fall in den Süden. Besuche in Lake Grace, Fremantle und Perth sind angedacht, bevor wir uns aufmachen nach Singapur. Dort bleiben wir vier Nächte. Das klingt jetzt ziemlich viel, da wir ja nicht zum ersten Mal dort sind, aber dieser Rahmen lässt uns Zeit, auch mal nichts zu tun, nur mit einem Drink am Singapore River zu sitzen und den Leuten zuzusehen.
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